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Kommentar zum Interview mit einem homosexuellen Christ

Vorgestern las ich ein Interview mit Christoph: “Ich bin Christ und schwul, na und!?”. Interessant fand ich besonders die zweiter Hälfte des Interviews, in denen Christoph mit den „allgemein bekannten Bibelstellen“ konfrontiert wird, in denen es um Homosexualität geht und auf den ich hier eingehen möchte.

„Wir müssen immer bedenken, an welches Publikum sich dies damals richtete“

Genannt wurden diese beiden Verse aus der „Hoffnung für Alle“:

Ein Mann darf nicht mit einem anderen Mann schlafen, denn das verabscheue ich.

3. Mose 18, 22

Habt ihr vergessen, dass für Menschen, die Unrecht tun, in Gottes neuer Welt kein Platz sein wird? Täuscht euch nicht: Wer verbotene sexuelle Beziehungen eingeht, andere Götter anbetet, die Ehe bricht, wer sich von seinen Begierden treiben lässt und homosexuell verkehrt, wird nicht in Gottes neue Welt kommen;

1. Korinther 6, 9

Ich finde es schade, dass Christoph nicht auf die Bibelstellen eingeht und lieber Ausflüchte macht. Er beschreibt lieber die gesellschaftlichen Hintergründe (den „Rahmen“), in denen die Bibeltexte geschrieben wurden:

Die damalige Gesellschaft war archaisch und unentwickelt, komplett von Männern dominiert, Kriege und Gewalt waren Alltag im Leben, es gab weder Menschenrechte, noch Aufklärung. Die Rechts-Vorstellungen wurden aus den Traditionen der Vorfahren abgeleitet und weitergeführt. Das Individuum galt nur wenig, die Frau erst recht nicht.

Weiter sagt er, dass sich bei Leuten, die sich auf den alttestamentlichen „Rahmen“ stützen, „die Frau nicht waschen, keine Rechte haben [soll], die Umwelt nach Belieben ausgebeutet werden, Kinder wie Erwachsene behandelt werden, Kriege und Plünderungen Alltag sein [soll]“. Denn all das fand man ja ebenso in der alttestamentlichen Gesellschaft.

Ich stimme dem zu. Und ich bin froh, dass wir nicht im Alten Testament unter dem alten Bund, sondern in der heutigen Zeit und unter dem neuen Bund leben. Und für diese neutestamentliche Zeit sind einige Gesetze aufgehoben und andere wiederum verstärkt worden.

So sollte zB. Krieg und Rache „abgeschafft“ werden und Liebe an deren Stelle treten. Aber auf der anderen Seite wurde das Gesetz „Du sollst nicht Ehe brechen“ nicht nur bestätigt, sondern sogar verstärkt.

Auch das Verbot der gleichgeschlechtliche Sexualität wird im neuen Testament bestätigt. Unter anderem im oben genannten Vers 1. Korinther 6, 9, auf den Christoph nicht eingegangen ist.

Manuel Seibel schrieb bereits zu dem Thema „Die neue homosexuelle Welle (FMN)“ auf bibelpraxis.de und beschreibt den Zusammenhang sehr gut:

Nun mag man einwenden: Wir leben aber als Christen nicht unter Gesetz. Das ist wahr. Dennoch haben sich die moralischen Wertgrundsätze Gottes, die schon vor der Zeit des Gesetzes in der Schöpfung verankert wurden, bis heute nicht geändert! Daher finden wir Gottes Urteil über homosexuelles Verhalten auch im Neuen Testament wieder: „Gott hat sie hingegeben in schändliche Leidenschaften; denn sowohl ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht, als auch ebenso die Männer, den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassend, in ihrer Wollust zueinander entbrannt sind, indem sie, Männer mit Männern, Schande trieben“ (Rö 1,26.27). Gottes Urteil darüber ist also: Es ist eine Schande.

Was sagt Christoph denn dazu, dass das Verbot der Homosexualität nicht nur im Alten, sondern auch im Neuen Bund Bestand hat und als „Schande“ verurteilt wird?

„Jesus lud alle zu sich an den Tisch“

Christoph sagt weiter:

Gott ist Liebe, Jesus ist Liebe. Jesus lud alle zu sich an den Tisch. Die Zöllner und Huren und Bettler und Kaufmänner von damals könnten heute die Transvestiten, illegalen Asylbewerber, Schulabbrecher sein, oder einfach alle MENSCHEN, denn das ist doch der Kern der Botschaft, sie gilt für uns alle, das ist doch das tolle daran!

Ich finde es bemerkenswert, dass Christoph den Vers aus Markus 2,15 als Argument für die Akzeptanz von Homosexualität heranzieht, weil Jesus sich ja auch zu den verschiedensten Menschen setzte und sie alle liebte. Also bestimmt auch Transvestiten und Homosexuelle. Und dabei ignoriert er die nächsten beiden Verse:

15 Und es geschah, als er in dessen Haus zu Tisch saß, daß auch viele Zöllner und Sünder sich mit Jesus und seinen Jüngern zu Tisch setzten, denn es waren viele, die ihm nachfolgten.
16 Und als die Schriftgelehrten und die Pharisäer sahen, daß er mit den Zöllnern und Sündern aß, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum ißt und trinkt er mit den Zöllnern und Sündern?
17 Als Jesus es hörte, sprach er zu ihnen: Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße.

Markus 2, 15 – 17

Jesus setzte sich also nicht zu diesen Menschen, weil sie vor Gott gerecht waren oder er mit ihnen einen tolle Gemeinschaft haben konnte, sondern weil diese Menschen alle in der Sünde lebten und dringend Hilfe benötigten, um von der Sünde loszukommen. Weil Jesus die Menschen liebt, setzte er sich zu denen, die eine Befreiung von der Sünde am nötigsten hatten.

„Die sog. Homophobie, die uns umgibt, ist für mich eine Form von Rassismus“

Es tut mir leid, wenn Christoph durch andere Menschen, die sich vielleicht sogar Christen nennen, beleidigt und ausgestoßen wurde. Jesus fordert uns zu Toleranz auf und dass wir alle Menschen respektieren sollen, ohne deren Meinungen akzeptieren zu müssen. Das gilt für Lügner, Ehebrecher, Homosexuelle und sogar Kinderschänder.

Ich möchte aber anmerken, dass das Christoph in dem Interview suggeriert, dass biblisch fundierte Christen „zurückgebliebene“ Menschen sind, die sich „eine alttestamentliche Gesellschaft wünschen“ würden. Für mich beißt sich diese Doppelmoral.

Ich als „Fundamentalist“ kann diesem einseitigen Bild nur energisch widersprechen und möchte darum bitten, selber keine Glaubensgemeinschaften zu verunglimpfen.

„Noch nie hat mir ein Mensch sowas ins Gesicht gesagt“

Es ist wenig bemerkenswert, dass Christoph noch von niemandem direkt auf die Bibelstellen angesprochen wurde, bewegt er sich doch in einem Umfeld, das seine Sünde toleriert. Er sagt selber, dass er sich eine Gemeinde ausgesucht hat, in der Homosexualität toleriert wird.

Ich wurde auch eher selten bis gar nicht von fremden Leuten auf eine Sünde hingewiesen und würde mich auch hüten, das selber zu tun. Menschen, die mich auf Sünde in meinem Leben hinweisen, kenne ich meist gut und stehen mir näher. (Es spricht aber nichts dagegen, auch von Fremden auf Sünde hingewiesen zu werden.)

Ich will nicht sagen, dass ich „besser“ bin als Christoph oder ohne Sünde bin. Ich habe meine eigenen Versuchungen und Sünden, gegen die ich ankämpfen muss. Der Unterschied ist aber, dass ich nicht versuche, diese Sünde gesellschaftsfähig zu machen oder sie zu akzeptieren, sondern sie weiter als Sünde bezeichne und gegen sie ankämpfe.

Wenn man sich aber seinen Versuchungen hingibt, sie auslebt und sie sogar als „normal“ und „gut“ bezeichnet, dann begeht man Sünde und stellt Gott gleichzeitig als Lügner dar.

Ob Christoph überhaupt ein „wahrer“ Christ ist, mag ich nicht zu beurteilen. Denn wie er selber richtig sagt:

Zu urteilen, zu richten, das ist Gottes Aufgabe und darf keine menschliche Anmaßung sein.

Wir werden uns selber einmal verantworten müssen. Das gilt für mich. Und das gilt für Christoph.


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Kommentare

5 Antworten zu „Kommentar zum Interview mit einem homosexuellen Christ“

  1. Avatar von Josia S.
    Josia S.

    Vielen Dank für deinen fundierten Kommentar!

    Ich bin auch der Meinung, dass wir (ob Christen oder nicht) Homosexuelle so annehmen müssen, wie sie sind – das würde Jesus auch tun (da stimme ich Christoph teilweise zu). Gott hasst die Sünde, aber Er liebt die Sünder. Gott verabscheut Homosexualität, aber Er liebt die Schwulen und Lesben.

    Gott ist zwar die Liebe, aber Gott ist immer noch GOTT. Und was Er denkt und sagt, steht immer noch meilenweit über dem, was wir kleinen Menschen wollen. Wenn wir anfangen, Gottes Wort unserem Willen unterzuordnen, wird’s gefährlich.

    Jesus hatte Gemeinschaft mit denen, die aus der Gesellschaft ausgestoßen waren – aber sie blieben danach nicht dieselben. Sie wurden vielmehr durch die Gemeinschaft mit Ihm verändert!

    Möge Gott uns Liebe und Weisheit geben, Ihn und alle Menschen mit ganzem Herzen zu lieben – und gleichzeitig Seine Autorität anzuerkennen. 🙂

  2. Avatar von Danny Faak

    Mal ne generelle Frage: Meint ihr wirklich das es Sinn macht, ein vor 2.000 Jahren von Menschen geschriebenes Buch, welches nur nach menschlicher Behauptung im Namen eines Gottes verfasst wurde, irgendwie bei der Klärung ethischer Fragen als Grundlage zu nutzen?

    Vor allem in dem Hintergrund, das sich in diesem Buch (zum Beispiel in der Luther-Übersetzung von Version Lutherbibel 1912 zu Lutherbibel 1984, in Samuel 6,19 wo aus 50.070 Toten auf einmal 70 Tote werden) ständig etwas ändert, durch die Entscheidung von Menschen?

    Oder wenn man bedenkt das gravierende Dinge, wie die Jungfrauengeburt, im Urtext gar nicht vorkommen? Das die Apokryphen mal eben so gestrichen wurden, usw. usf.

    Wenn man sich denn auf die Bibel berufen will: Welche Version ist denn dann Gottes? Und woher weiß man das?

    🙂

    1. Avatar von Roderich
      Roderich

      @Danny,
      da gebe ich Dir vollkommen recht, ein NUR menschliches Buch wäre mit Vorsicht zu genießen. Genau da scheiden sich aber die Geister.

      Für einen gläubigen Christen – wie mich – ist die Bibel ein von Gottes Heiligem Geist inspiriertes Wort.

      Du setzt also schon eine Grundannahme in Deiner Frage voraus, die aber kein gläubiger Christ teilt.

      Was Du sonst an Beispielen erzählst, ist ja ziemlich müde. Es gibt eine „Textkritik“, bei der man sich bemüht, aus den Handschriften den Originaltext zu rekonstruieren. Die Handschriften stimmen aber in gut 99% der Fälle überein, die Abweichungen sind nur in Nebendingen vorhanden. Die Bibel insgesamt ist bei weitem klar genug überliefert worden.
      Welche die richtige Version ist, und woher man das weiss: das ist eine „Killer-„Frage´, mit der Du den Christen in die Beweislast stellen möchtest. Ich könnte genauso gut fragen: Woher weißt Du, was Du glaubst? Woher weißt Du, dass es keinen Gott gibt? Dann wärest Du ja in Beweisnot.
      Nimm Dir einfach die Luther-Bibel 1984, die ist im wesentlichen gut übersetzt und genau. Dies ist definitiv genug, um zu wissen, was Du glauben und tun musst, um die Seligkeit zu erlangen.
      Das gleiche gilt aber auch für jede andere heutige Bibelübersetzung. Trotz aller Abweichungen ist quasi jede Übersetzung heute – auch weil sie das Resultat der Arbeit vieler Fachleute ist – hinreichend verständlich und genau – um zu wissen, was Gott von Dir will.
      Niemand wird Dir aber beweisen können, dass der Text zu 100% mit dem Original übereinstimmt – ein „BEWEIS“ ist bei so etwas auch gar nicht möglich, denn dann müßte man jeden einzelnen Bibelvers hernehmen, und DIR (so dass Du es akzeptierst) nachweisen, dass alle anderen Möglichkeiten zu diesem einzelnen Bibelvers falsch sind. Also ist das von vorneherein eine unlösbare Aufgabe. Das weißt Du bestimmt, und daher stellst Du diese Frage genau so. Das ist also ein wenig „Sophismus“.
      Bei Gott geht es aber darum, dass Du ihn suchen musst. Wer sucht, der findet. Wenn Du ehrlich herausfinden willst, ob die Bibel Gottes Wort ist, und nicht nur „kritische“ Bücher von Atheisten dazu liest, sondern auch mal was „Anständiges“ – dann wirst Du „finden“. Das hat Gott versprochen.

  3. Avatar von Danny Faak

    Ertsmal danke für die ausführliche Antwort. Vorneweg: Ich lese nicht nur atheistische Bücher, sondern einfach aus Fairness und Interesse auch immer christliche Literatur, derzeit „Indizien für einen Schöpfer“.

    Wenn man sich Thesen stellt gibt es 2 Arten von Behauptungen:

    1. Eventualsätze. (Alle Raben sind schwarz)
    2. Existenzsätze (Es gibt einen weißen Raben)

    Der Unteschied ist der: Eventualsätze müssen widerlegt werden, Existenzsätze bewiesen. So zumindest die moderne Methodik.

    We du selbst schon sagst ist die Bibel „das Resultat der Arbeit vieler Fachleute“ (bzw. um dir nicht die Wörter im Mund zu verdrehen die Übesetzung, nicht die Bibel ansich – ich mache aber mit dem Begriff Biel weiter, wollte nur hier drauf hinweisen) – die zugrunde liegen These is hier: Die Bibel ist das Buch Gottes. Dies ist klar ein Existenzsatz.

    De Beweispflicht läge hier klar beim „Gläubigen“ – aber da drauf will ich garnicht so viel rumhacken.

    Wenn die Urbibel auch von Gott kommen sollte -die heutige ist in jedem Fall von Menschen redigiert worden – alleine schon durch die Kanonisierung, in der wir bestimmten was Gott sagen darf.

    Du scheinst mir als Programmierer doch ein logisch orientierter Mensch zu sein: Woher die Kehrtwende beim Thema Religion? Hast du dich mal mit kognitiver Dissonanz beschäftigt? Könnte dir gefallen das Thema 🙂

  4. Avatar von Andy

    Hey Arthur,

    danke für deinen Beitrag! Ich denke, dass viele sich nicht darüber bewusst sind welche Implikationen es hat, wenn jemand sagt „Gott ist (ausschliesslich) Liebe“. Tim Keller sagte dazu mal sowas: Angenommen Gott ist 100% Liebe. Dann müsste ich mich doch im Vergleich zu Ihm schlecht und sündig fühlen, weil ich es nicht bin. Das wäre logisch. Doch Leute die sagen, dass Gott ausschliesslich Liebe ist, nutzen die Aussage nur als einen Vorwand um sich alles erlauben zu dürfen…

    Andy